Mo, 17. Juni 2024

Man hat eine kreatürliche Angst vor einer Intensität, die sich ergibt, wenn
man alle Normen und Einschränkungen verlässt und das, was das Kollektiv als
unbegehbar betrachtet, beschreitet.
Einfach nur zu funktionieren bedeutet doch nur, der alten Spur des bisher
Erlernten weiterhin alles Vertrauen zu schenken.
Der innere Weg ruft aber in diesem Bereich zu einem vollständigen
Vertrauensbruch auf.

So, 16. Juni 2024

Der Glaube, dass das Funktionieren im grossen Räderwerk der Welt über alles
ginge, ist eine Leidensquelle. Das Austreten aus dem Funktionieren-Müssen
in der Gesellschaft ist ein ganz wesentlicher Bestandteil, welches auf dem
inneren Weg zu geschehen hat.
Denn das Nicht-Funktionieren nimmt man als Tod an und glaubt, solange man
irgendwie noch funktioniere, hielte man sich über Wasser, und damit am
Leben. Dieses Bekenntnis hat einem eingeimpft, dass unterginge, sobald man
nicht mehr funktioniere.
Für einen Menschen, der den inneren Mut aufbrachte, sich von dieser
kollektiven Programmierung zu lösen, ist genau dieser erstaunliche Moment,
dass man ja doch nicht untergeht, der Moment, in welchem effektive
Transformation geschehen kann.

Sa, 15. Juni 2024

Jede Vorstellung, die man sich über das ungebändigte Leben macht, ist schon
wieder ein Versuch, es zu bändigen.
Eine Herausforderung des inneren Weges besteht im Ausbrechen, ohne
gewaltsam etwas zu tun.
Man darf aus der Ferne zuschauen, wie das Ich, die Repräsentation von
Kontrolle und Gottes-Isolation, zusammenbricht und es zulassen, wie man im
Strom der bedingungslosen Hingabe zu Gott geführt wird.

Fr, 14. Juni 2024

Für die Begegnung des Sterbemomentes muss man nicht einmal den Zerfall des
Körpers abwarten – denn er ist jederzeit möglich. Ich brauche nicht die
nächste Gefährdung des körperlichen Lebens abzuwarten, um in die innere
Intensität zu gelangen. Die konstante Anwesenheit des Todes lässt einen das
Leben wesentlicher leben.

Do, 13. Juni 2024

Solange man durch Bequemlichkeit und diffuser Furcht der Intensität und der
Erregung des Sterbemomentes ausweicht, erfährt man diesen Augenblick nur im
Schlaf des Bewusstseins und nicht in klarer Wahrnehmung. Genau diese wäre
aber notwendig, um die Kostbarkeit und das Transformationspotenzial dieses
Momentes aufzunehmen.
Alle Bedrohlichkeit, aufgrund der man ja nicht hinschauen wollte, zerfällt.

Mi, 12. Juni 2024

Es war ein Lied so altbekannt
Es floss so gütig in die Nacht
Als wäre Heimat jedes Land
Als wäre jeder Weg vollbracht.

Es war der Welt geheimer Sinn
In seinem Atem offenbart.
Und willig gab das Herz sich hin
Und alle Zeit ward Gegenwart
(Hesse: Der Flötenspieler)

Di, 11. Juni 2024

Impressionen aus der Vergänglichkeit:
Regenbogen – Zauber aus sterbendem Licht. Glück, wie Musik zerronnen.
Heiterkeit ohne Dauer, Schleier von Schönheit und Trauer über dem Abgrund
der Welt.
Und tief hinter dem Spektakel allen Wandelns bleibe ich unberührt.

Mo, 10. Juni 2024

Wer die Gottesbegegnung wirklich will, dem steht nichts im Wege. Keine
Kraft im Kosmos könnte eine Seele aufhalten.
Aber es gibt keine Notwendigkeit für irgendeinen Menschen auf dieser Erde,
aus dem Traum des Vergessen-Dürfens aufzuwachen, solange er nicht selbst in
seinem Inneren diese absolute Notwendigkeit und Dringlichkeit annimmt und
erkennt.

So, 09. Juni 2024

Man mag dem Heiligen, dem Grossen, dem Allmächtigen begegnen, aber in der
Dumpfheit des Alltäglichen erkennt man es nicht. Man trifft Buddha auf der
Strasse, aber man geht einfach vorbei. Im Schlaf sieht und bemerkt man eben
nichts.
Der Schlaf ist der Zustand des Menschen, der sich danach sehnt, einfach
alles vergessen zu wollen und in Nichtsein aufzugehen – es ist das
Ausweichen vor Begegnung.
In der Begegnung Gottes aber liegt die Bestimmung einer jeden Seele.