Sa, 07. September 2024

Was für eine Geduld du haben musst. Jedes Mal, wenn dein bewusster Wille
sich zu offenbaren sucht, um die Seele zu berichtigen auf ihrem ungewissen
Einzelmarsch in die Isolation, irregeleitet vom eigenen Wissenswahn, weicht
sie dir wieder aus.
Du willst sie beschleunigen und ihr einen sicheren Weg weisen, um ohne zu
Straucheln darauf vorwärts zu schreiten, doch sie stösst dich als lästigen
Rat zurück, da du ihr gerade nicht in den Plan hinein passt.
Grundsätzlich und ganz tief drin will sie dich zwar lieben, mit vager,
unbeständiger Liebe, aber das stolze Gemüt verweigert dir das vollständige
Vertrauen und zieht es vor, ganz auf sich selbst gestellt weiter zu irren,
statt von dir geführt voranzukommen.
Dankbar, dass deine Geduld und liebevolles Warten letztlich stärker sind
als mein Widerstand.

Fr, 06. September 2024

Für die vollständig neue Perspektive der Gottesliebe darf man alle Fäden,
die das Ich zur Selbststabilisierung in die Welt hinein gesponnen hat, als
überflüssig erkennen und sie lösen.
Es waren Fäden, die aus der Perspektive des Ichs versucht haben, Nähe
herzustellen.
Ohne Beziehung fühlt sich das Ich isoliert und ausgestossen und malt sich
eine Schreckensvorstellung aus.
Alleinsein bedeutet, dass alle Regungen wieder nach innen fliessen.
Man hatte sich in der materiellen Welt angedockt, weil man etwas in ihr
wollte, was sich aber nie einstellte. Dann kam die Reaktion von Rebellion
und Abwehr, die die Verstrickungsmuster nur noch perfektionieren.
Die Fäden, welche das Ich in die Welt ausgesponnen hatte, weil es damit
etwas in der Aussenwelt an sich binden wollte, dürfen nun wieder
zurückgenommen werden.
Der Spinnende hat gar nicht gemerkt, dass er mit jedem Faden Lebenskraft
verloren hatte, da man von einem Ort etwas wollte, der nur Ersatz war für
das, was das Leben suchte: Gottesliebe. Und der Verlust von Lebenskraft
führt zum Verlust der Erkenntniskraft. Aber wer wirklich klar und wach
werden möchte, braucht jede Faser dieser Kraft.

Mi, 04. September 2024

Du hast all meine Gedankenformen zerschlagen, und ledig aller
Geistesgebäude bin ich vor dir gestanden so unwissend wie ein neugeborenes
Kind. Im Dunkel dieses Nichts fand sich aber der unumschränkte Friede von
etwas, das sich nicht mehr in Worte fassen lässt, das aber IST.
Ich warte ohne Ungeduld und ohne Bangen, dass du selbst aus dem Herzen der
unauslotbaren Tiefen die Form neu baust, welche dir am gemässesten
erscheint, um dich in diesem Werkzeug zu offenbaren, das ganz aus Hingebung
und inbrünstigem Glauben besteht.

Di, 03. September 2024

Ist es nicht eine grosse Dummheit, mit einer Form des Denkens, mit einem
Geistesgebäude, wie weit und machtvoll es auch sei, sich so sehr
gleichzusetzen, dass man es zur Lebensmitte seines Wesens, seiner Erfahrung
und seiner Tätigkeit macht?
Die Wahrheit ist ewig ausserhalb von allem, was wir davon denken oder sagen
können. Den dieser Wahrheit gemässesten, am besten zu ihr stimmenden
Ausdruck zu finden, ist sicher ein nützliches Unterfangen, sogar
unumgänglich für die Ganzheit der eigenen Entwicklung, doch darf man sich
von diesem Ausdruck nicht unterjochen lassen und sich in ihm immer gänzlich
frei fühlen. Dann ist man sich bewusst in seiner Bewusstseinsmitte, dass
die Wirklichkeit trotz der Grösse, Genialität und Schönheit einer geistigen
Formel immer jeder Formel entgehen wird.

So, 01. September 2024

Man muss in jedem Augenblick bereit sein, alles zu verlieren, um alles
wieder zu gewinnen. Die Vergangenheit abstreifen wie einen toten Körper, um
in eine grössere Fülle geboren zu werden. So drückt sich die ständige
Sehnsucht des inneren Wesens aus, welches dir zugewandt, dich widerstrahlen
möchte.

Sa, 31. August 2024

Zu oft wiederholt, zu häufig ausgedrückt, wird jede Idee, wie machtvoll und
tief sie auch sei, schal, abgeschmackt, wertlos… Die höchsten Vorstellungen
verlieren so nach einiger Zeit den Duft, und der Geist, der in den
überseienden Erwägungen schwelgte, spürt auf einmal das zwingende
Bedürfnis, all seine Überlegungen und seine ganze Philosophie einzustellen,
um das Leben mit dem staunendem Blick eines Kindes zu betrachten, nichts
mehr von seiner früheren heiligen Wissenschaft zu wissen, sei es auch das
souverän Heiligste.

Fr, 30. August 2024

Wir meinen immer, dich definieren, dich in unsere geistigen Formeln
schliessen zu können. Sie mögen aber so weit, so vielseitig, so umfassend
sein, wie sie wollen – du bleibt immer der Unbeschreibliche, sogar für den,
der dich kennt und dich liebt.
Dann man kann dich lieben, ohne dich beschreiben zu können, man kann deine
Unendlichkeit verwirklichen und sein, ohne dich definieren und erklären zu
können.
Immer bleibst du das ewige Geheimnis. Allen Staunens würdig, nicht nur in
deinem undenkbaren Sein im nitya-dham (deinem Vrindavan), sondern selbst in
deiner Weltoffenbarung.

Do, 29. August 2024

Wenn man sich selber für die alleinige Ursache von Erfolg und Enttäuschung
betrachtet, wird man mit dem äusserlichen Geschehen verklebt und glaubt,
die Abläufe der Prakriti (der materiellen Energie) seien seine eigenen.