Es darf einem schon wundern, von was für exotisch klingenden Antiquitäten, die auf dem religiösen Markt feil gehalten werden, sich viele Menschen so faszinieren lassen.
Solche religiösen Überzeugungs-Überbaus lassen einem taub werden für das Wesentliche, für die innerste Sehnsucht. Die vermeintlichen Gewissheiten und Überzeugungen verstümmeln die Aufbruchs-Sehnsucht der Seele, sich dem wirklich Grossen bedingungslos anzuvertrauen. Viele so genannt Suchende meinen irgendwann einmal, es gebe ein abgekürztes Verfahren und sie lernen aus den Schriften und Mündern irgendwelcher Meister, dass dieses oder jenes Verfahren (tod)sicher sei, um diese Sehnsucht zu befriedigen (und sie bieten ja manchen auch tatsächlich vorübergehende Befriedigungen, Vergnügen, Unterhaltung an). Sie lernen Rituale auswendig, sagen Mantren auf und Worte des Bittens, sprechen von Dankbarkeit und Öffnung und Ganzheit und Vertrauen: doch tatsächlich beschäftigen sie sich gar nicht mit dieser Sehnsucht, sondern verlegen sich aufs Repetitive und auf die Nachahmung. Ohne Selbst-Erforschung und aufrichtiges Auf-Decken der eigenen verborgenen Verschlingungen des Befriedigungsdranges und ihrer Ängste führt man gegebene Programme aus, legitimiert diese als „spirituelle Praxis“ und wähnt sich im eigenen Überzeugungs-Clan in einer Scheinsicherheit des Aufgehobenseins.
Der innere Weg wird schnell als „Gleichschaltungs-Kanal“ verstanden. Wenn jemand so ein Zugehörigkeits-Drang und Abhängigkeits-Bedürfnis hat, dann darf er das natürlich. Aber ich bedauere die in den Kanal getriebene Schäfchen, die sich einmal aufrichtig auf den inneren Weg gemacht haben und die durch religiöse Propaganda-Minister gemassregelt werden. Einige erkennen es noch früh genug und können von diesem Reduktions-Programm des Ureigensten Abstand nehmen, bei anderen dauert es vermutlich etwas länger, da sie den beschränkten Denk-Kanal der legitimierten Tradition für den Weg in die Freiheit halten. Das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein, korrumpiert die radikale Wahrheitssuche, die das Grundprinzip des Gottesweges ist.
Der religiöse Fachexperte (guru) darf einem nicht in ein Schema hineinzwängen, wie man Gott zu lieben hätte, und er gibt dem eigenen Innern nicht einen Plan für die Befindlichkeit. Seine Verwirklichung, die durch das harikatha zu einem durchdringt, lässt tief im Herzen Saiten anklingen. Schwingen tut mein Innerstes dann allein – wenn ich mich schwingen lasse…
Es obliegt der Verantwortung des „Kunden“, des Konsumenten, die sich unter die „Obhut“ eines Vorbeters zu flüchten, damit man da keine Energie der wirklichen Reflektion einzusetzen braucht. Man mag gewisse (so genannte materielle) Bequemlichkeiten oder Annehmlichkeiten aufgeben, um sie dann für „spirituelle“ Annehmlichkeiten und Befriedigungs-Berieselung einzutauschen. Der Glaube, zu den Geretteten zu gehören, stellt die Hybris des inneren Weges dar.
Manchmal beobachte ich, wie gerade diese eigentliche, echte Faszinationskraft mehr gefürchtet wird als alles andere und gerade Glaubenssysteme dienen da als Abwehr-Strategie. Sie dienen zu oft der Verschleierung und nicht der Klarheit.