Die Möglichkeit des Gebets ist keine Selbstverständlichkeit. Zwar ist das Gebet ein natürliches Bedürfnis des menschlichen Herzens, aber es ist nicht eine Instanz, Recht vor Gott einzufordern. Die Seele wendet sich an denjenigen, der allerhöchste Unabhängigkeit besitzt und nur durch reine Liebe berührt wird. Selbst wenn das Gebet in grosser Übung und Disziplin gehalten wird, kann es noch immer fruchtlos bleiben. Denn es darf nicht eine Beschwörung Gottes werden. Wenn der Betende die eigene Zielvorstellung ablegt und sich von Ihm aufgehoben weiss, wird das Gebet zum Ausdruck tiefer Zuversicht und fröhlicher Gewissheit.
Deshalb ist jedes Gebet letztlich geschenktes Gebet.
Die Gelegenheit zur Hingabe ist eine Gabe. Nicht die Gebets-Formel, nicht die Zahl der Worte, sondern die Aufrichtigkeit des Herzens, das erwachsene Vertrauen in Ihn umarmt Er, Der uns längst kennt und meint.
Das Gebet ist nicht Werk, nicht Übung oder eine fromme Haltung, sondern es ist die Bitte des Unschuldigen. Darum ist das Gebet niemals demonstrativ, weder vor Gott, noch vor uns selbst, noch vor anderen. Wüsste Gott nicht, was ich bedarf, dann müsste ich darüber reflektieren, WIE ich es Ihm sage, WAS ich ihm sage, und OB ich es ihn nun sagen soll. Aber das stille heilige Vertrauen erübrigt derartige Kompliziertheiten. Es ist Sehnsucht nach liebendem Dienen und darin die Gemeinschaft mit Ihm zu erhalten. Deshalb ist die Essenz von Gebet die Vertiefung im Heiligen Namen.